Die spirituelle Frage nach dem Richtig und Falsch.
Wir alle treffen jeden Tag viele Entscheidungen. Manche von den Entscheidungen beurteilen wir als „richtig“, einige dagegen als „falsch“.
Jeder Mensch hat sozusagen einen persönlichen „Filter“ durch den er die Informationen von Außen verarbeitet und betrachtet.
Dadurch nimmst du, ich und andere Menschen eine bestimmte Sache anders auf.
Wenn du zum Beispiel ein Bild an der Wand siehst und dir denkst: „Ich sehe auf dem Bild nur eine triste Landschaft, so sieht ein Anderer auf dem gleichen Bild die Vollkommenheit einer Landschaft“. So unterschiedlich nimmt jeder von uns dieses Bild wahr. Das Gleiche gilt für die Partnerschaft, die Kindererziehung, die Weltanschauung und vieles mehr.
Ich stelle dir eine Frage, die du für dich beantworten darfst. Es ist ein Beispiel aus dem Alltag, der dir die unterschiedlichen Lebensansichten verdeutlichen soll und wie wir das Leben sehen können, wenn wir wollen:
Trifft eine Mutter eine falsche Entscheidung, wenn sie ihrem Kind erlaubt barfuß in einer Pfütze bei herbstlichen Temperaturen zu spielen? Ja oder nein? Ist das eine richtige Entscheidung oder eine falsche? Das Kind könnte sich doch erkälten…und außerdem, welche Mutter lässt ihr Kind barfuß in einer Pfütze spielen, und warum?
Sehen wir es so: Nach dem Ermessen der Mutter macht sie nichts falsch, denn sie kann sich dabei vielleicht an die Zeit ihrer eigenen Kindheit erinnern, dass sie das zum Beispiel nie durfte. Sie möchte ihrem Kind das Gefühl ermöglichen, wie es sich anfühlt mit nassen und patschigen Füßen in einer Pfütze zu spielen.
Die eine Gruppe der Menschen würden in dieser Situation sagen: „Klar, lass das Kind im Matsch spielen. Das ist doch eine wunderbare Erfahrung für das Kind“. Die andere Gruppe würde vielleicht sagen: „Wie kannst du nur dein Kind bei diesen Temperaturen in der Pfütze spielen lassen. Es wird doch krank. Was bist du bloß für eine Mutter?!“.
Oh ja, wir kennen alle diese Menschen, die sich aufgrund äußerer Reize voreilig ein Bild von anderen Menschen machen. Es kommt nämlich nicht nur auf die Betrachtungsweise im Leben an. Andere Faktoren wie: Erfahrung, Erziehung und das soziale Umfeld spielen hierbei auch eine wichtige Rolle. Dadurch formt sich unser persönlicher Filter, der viel mehr ist als nur die Betrachtungsweise auf das Leben.
Wir alle haben diesen persönlichen Filter, der uns dieses persönliche Weltbild ermöglicht.
Wenn somit richtig und falsch eine individuelle Ansichts- und Definitionssache ist, warum wissen es so viele Menschen besser, was für uns richtig oder falsch ist? Eltern wollen, dass ihr Kind einen höchst möglichen Schulabschluss macht und sie wollen ihr Kind vor „Fehlern“ bewahren, die sie in der Vergangenheit selber gemacht haben. Aber ist das wirklich nötig?
Wenn alle Menschen zum Beispiel die Schule mit einem Abitur abschließen würden und studieren würden, dann gäbe es doch keinen Schreiner, keinen Friseur und keinen einzigen Altenpfleger auf der Welt. Dafür eine Menge Ärzte, Ingenieure und Anwälte. Also beantwortet jeder die Frage nach dem „Richtig und Falsch“ anders und individuell. Es ist also nichts falsches daran den Weltanschauungen oder den gesellschaftlichen Regeln von anderen nicht zu entsprechen. Es ist viel wichtiger seine eigene Weltanschauung zu leben und zu seiner eigenen Wahrheit zu stehen.
Sind wir erstmal in dem Strudel immer den gesellschaftlichen Anforderungen zu entsprechen oder individuelle Lebensansichten als die eigenen anzunehmen, leben wir ganz schnell das Leben der Anderen und nicht das Leben, das uns selbst glücklich macht. Und genau das erfahren die meisten Menschen auf der Welt jeden Tag. Sie leben das Leben der Anderen und nicht das Leben, was sie aus dem tiefsten inneren gerne leben würden. Aus Angst gesellschaftlich nicht angesehen oder sogar ausgestoßen zu werden. Genau diese Lebensweise bringt ein sehr großes Opfer mit sich. Du lebst nicht das Leben, das dich erfüllt, du bist nicht glücklich und du weißt nicht, wer du wirklich bist! Mit anderen Worten: du opferst dein Glück und dein Leben der Lebensansicht anderer Menschen, die für dich entscheiden, was für dich das Richtige und das Falsche ist.
Wenn wir ganz ehrlich mit uns sind, müssen wir doch zugeben, dass die meisten von uns jeden Tag über andere Menschen auf diese Weise urteilen. Jeden Tag tun wir es bewusst und unbewusst über das Verhalten, die Lebenseinstellung oder die Denkweise der Anderen. Wir projizieren unseren persönlichen Lebensfilter auf andere Personen mit den Worten oder Gedanken: „Aber das ist nicht richtig“ oder „Ich würde es ganz anders machen“. Und das mag ja auch sein, dass du es ganz anders machen würdest, doch jeder hat andere Vorstellungen vom Leben und jeder möchte seine eigenen Erfahrungen im Leben machen.
Weißt du, ich bin davon überzeugt, dass jeder einzelne Weg zum Ziel führt. Dein Weg, mein Weg und der Weg eines Dritten. Der eine ist kürzer und unbeschwerlicher, der andere dagegen schwerer und länger. Doch jeder dieser Wege wird uns irgendwann mal zum Ziel führen. Jeder Lebensweg ist eine individuelle Lebenserfahrung.
Diese Denkweise, die ich dir hier aufzeige ist nicht „die Eine und die einzig richtige“, aber sie erlaubt uns ohne Urteile Menschen zu begegnen und lässt dich viel offener, gelassener und respektvoller durch das Leben gehen.
Um dir diese Lebensansicht etwas näher zu erläutern, möchte ich etwas tiefer auf dieses Thema eingehen. Es ist eine Betrachtungsweise, die nicht nur auf urteilsfreiem Denken beruht, es ist viel mehr als das. Alles beginnt mit der philosophischen Frage, die sich Menschen seit Jahrtausenden stellen. Was ist der Sinn des Lebens? Warum lebe ich?
Wie ich bereits in dem 1. Kapitel dieses Buches „Der Sinn des Lebens“ erklärt habe, sehe ich die Kernessenz für jedes einzelne Leben darin sich selbst zu erfahren um dann mit dieser Erfahrung die folgende Frage zu beantworten:
Wer bin ich und wer möchte ich sein?
Somit ist die Grundbasis für das Sein eines jeden einzelnen Menschen die Absicht sich selbst in seinem Wesen zu erfahren. Wir sind hier, um nicht nur Liebe zu geben, sondern auch um zu erfahren, was es bedeutet in der Abwesenheit von Liebe zu leben. Wir sind hier, um geduldig mit unseren Mitmenschen zu sein, aber auch um zu erfahren, was Ungeduld bedeutet. Wir sind hier, um zu erfahren, was Erfolg ist, aber auch um zu erfahren wie es ist erfolglos zu sein.
Es gibt Millionen Gefühle, Emotionen und Taten, die wir erst dann gänzlich erleben können, wenn wir auch das genaue Gegenteil erfahren. Das bedeutet nicht, dass du erst dann die Liebe erfahren kannst, wenn du die Abwesenheit der Liebe erlebt hast. Die Abwesenheit von etwas verdeutlicht dir jedoch nur die breiten Facetten und immer höhere aber auch niedrigere Möglichkeiten davon.
Die Ansicht von richtig und falsch im Leben wird somit immer eine Ansichtssache des einzelnen Individuums bleiben.
Wenn du somit die Betrachtungsweise und den Blickwinkel auf dein Leben und auf das Leben deiner Mitmenschen änderst, wirst du mit großer Wahrscheinlichkeit auch urteilsfreier deine Handlungen und die Handlungen anderer betrachten.
Aus dieser Sichtweise ergibt sich eine Toleranz anderen Menschen aber auch unserem näheren Umfeld gegenüber.
Mit näherem Umfeld meine ich die Menschen, die uns jeden Tag umgeben. Unsere Eltern, Kinder, Partner, Geschwister, Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen. Nicht mit allen harmonisieren wir und haben die gleichen Lebensansichten, was oft zu Auseinandersetzungen und Reibereien führt. Nicht selten führt das dazu, dass wir diesen Menschen dann lieber aus dem Weg gehen, um Streitigkeiten lieber aus dem Weg zu gehen und um sich selbst nicht zu ärgern. Und warum? Weil wir doch eigentlich ganz genau wissen, dass wir diese Person in ihrem Wesen nicht verändern können. Und selbstverständlich auch nicht sollten, denn das Verhalten der Menschen entspricht nicht unsrer Ansicht von richtig und falsch.
Auch wenn die Tatsache uns schwer fällt sie in den Alltag zu integrieren, dass es nicht „die einzige und endgültige Wahrheit“ gibt die für jeden Menschen gleichermaßen gilt. Jeder Mensch hat die eigene und individuelle Vorstellung von der Wahrheit. Aufgebaut wird diese Vorstellung anhand von vielen unterschiedlichen Faktoren, die genauso die Ansicht von richtig und falsch aufbauen.
Wenn du also das nächste Mal kurz davor bist dich über jemanden zu ärgern, denke zuerst über die Relativität der persönlichen Standpunkte nach. Denn vergiss nicht: es sind Informationen, die durch deinen eigenen Filter gehen und daraus resultiert deine eigene Wahrheit. Nicht meine und auch nicht seine.
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